Wie geht’s Dir mit Entscheidungen? Schiebst Du sie eher vor Dir her? So lange, bis andere entscheiden oder sich die Situation von selbst klärt? Oder entscheidest du schnell und spontan, damit Du’s hinter Dir hast und alles wieder unter Kontrolle scheint? Analysierst Du die Pros und Contras im Detail und grübelst Tage lang, was jetzt das Beste ist? Oder entscheidest Du aus dem Bauch raus?
Entscheidungen zu treffen ist oft gar nicht so leicht.
Selbst vermeintlich einfache Entscheidungen können uns stressen:, „Fahre ich heut mit dem Rad oder Auto in die Arbeit?“, „Schreib ich den Satz noch in die Email oder nicht?“, „Mach ich Aufgabe A oder B zuerst?“ oder „Wohin fahren wir in Urlaub (mit was, wem, wo bleiben wir…)?“.
Bei schwierigeren Entscheidungen wie „Soll ich meinen Job kündigen?“„Nehm ich Job A oder B?“, „Kaufe ich ein Haus auf dem Land oder bleibe ich in der Stadt?“, „Welche Coaching Ausbildung mache ich?“, „Was schreibe ich meine Patientenverfügung?“ oder „Wie investiere ich mein Geld am besten?“ kommen wir erst recht ins Straucheln.
Wieso fällt uns das Entscheiden schwer?
Wir haben Angst, die falsche Entscheidung zu treffen.
Wir fürchten uns davor etwas zu verlieren: den Partner, Freunde, Status, Geld, Job-Zufriedenheit oder was auch immer wir uns von der „richtigen“ Entscheidung erhoffen.
Und dann damit schlechter dazustehen als vorher.
Oder damit einen Fehler zu machen, zu scheitern.
Und dann „Schuld“ zu sein.
Denn viele von uns haben gelernt, Entscheidungen nach dem „Verlierermodell“ zu treffen. Beim Verlierermodell gibt es eine richtige und eine falsche Entscheidung:
Entweder ist A oder B richtig.
Das führt dazu, dass wir uns den Kopf zermartern, was wohl richtig ist. Denn wir wollen es unbedingt richtig machen, bloß nicht die „falsche“ Variante wählen. Nicht selten ist das Stress pur! Und die Entscheidung bekommt auch gleich mehr Gewicht als nötig.
So dass wir an der Stelle, die Entscheidung auch gern mal aufschieben und gar nicht treffen.
Und nach der Entscheidung?
Dann denken wir „War das die richtige Wahl?“ und das Kopfzerbrechen fängt schon wieder an. Das Verlierermodell macht uns unglücklich und schwach. (vgl. Susan Jeffers, Feel the Fear and do it anyway).
Welches Mindset hilft uns beim Entscheiden?
Das Mindset, Entscheidungen in Zukunft nach dem Gewinnermodell zu treffen!
Beim Gewinnermodell gibt es auch A und B. Doch hier sind beide Optionen richtig. Jeder Weg hat Vorteile und Konsequenzen. In jedem stecken neue Erfahrungen und Möglichkeiten zu wachsen. Egal was ich wähle – ich kann nur gewinnen! Und das unabhängig vom Ausgang.
Ich stehe beispielsweise vor der Entscheidung, was mein nächster beruflicher Schritt ist.
Ich kann Führungskraft im Unternehmen werden (Option A).
Oder ich kann mich als Coach selbständig machen (Option B).
Beide Wege sind spannend. Beide Wege sind „richtig“.
Ich entscheide mich für B.
Wenn sich in ein oder zwei Jahren ausstellt, das die Selbständigkeit nichts für mich, ist das ok. Ich weiß dann viel genauer, was ich will und was nicht. Und ich habe Erfahrungen gemacht und neue Skills gelernt, die mir bei Option A in der Form nicht begegnet wären.
Vielleicht gehe ich danach Weg A. Oder einen ganz anderen.
Egal was ich mache, ich kann nur gewinnen 🙂
Das Gewinnermodell bringt mich in eine Position der Stärke beim Entscheiden.
Denn ich gehe davon aus, dass jede Option, die zur Auswahl steht, gleichwertig und richtig ist. (vgl. Susan Jeffers, Feel the Fear and do it anyway).
Also:
Tipp 1: Nimm die Gewinnerhaltung ein! Sag Dir „Ich kann nur gewinnen“, egal wie ich entscheide und wie’s ausgeht.
Was hilft Dir noch beim Entscheiden?
Die Heath-Brüder empfehlen in Ihrem Buch „Decisive“ diesen (WRAP) Prozess:
Erweitere Deine Optionen! (W – Widen Your Options)
Challenge Deine Annahmen! (R – Reality Test Your Assumptions)
Geh auf Distanz! (A – Attain Distance)
Stell Dich drauf ein, falsch zu liegen! (P – Prepare to be Wrong)
Tipp 2: Erweitere Deine Optionen!
Oft sehen wir bei Entscheidungen nur „Entweder – Oder“; „Mach ich’s oder nicht?“, „Nehme ich „A oder B?“. Das führt dazu, dass wir zwischen einer sehr begrenzten Auswahl entscheiden und viele Optionen, die es auch gibt, gar nicht in Erwägung ziehen – das sogenannte „Narrow Framing Bias“ tritt ein. (vgl. Chip & Dan Heath, Decisive; Framing-Effekt in https://lexikon.stangl.eu/ )
Wie kannst Du Deine Optionen erweitern?
- Frag Dich: Welche anderen Möglichkeiten gibt es noch? Brainstorme andere Optionen!
- Tausch Dich mit Leuten aus, die die Entscheidung schon getroffen haben und frag sie nach ihren Erkenntnissen!
- „Und“ statt „Oder“: Schau, ob Du Optionen kombinieren kannst (z.B. Stunden in Deinem Job reduzieren & im Nebenerwerb selbständig machen)!
Tipp 3: Challenge Deine Annahmen!
Wir sind alle Opfer des „Confirmation Bias“ und suchen, interpretieren und wählen Optionen so, dass sie unsere Lebenseinstellung, Werte oder Glaubenssätze bestätigen. (vgl. Chip & Dan Heath, Decisive; Confirmation Bias in https://lexikon.stangl.eu/ )
Wie kannst Du dem entgegenwirken?
- Hol Dir einen „Challenger“: Lass diese Person provokante Fragen stellen und Dir helfen das aufzudecken, das was Du nicht siehst!
- Mach den Reality-Check: Arbeite einen Tag Probe in der neuen Stelle oder begleite eine Tag lang jemanden, der das macht, was Du machen willst.
An diesem Punkt kennst du viele Optionen und hast Sie gechallenged.
Jetzt ist die Entscheidung dran 😉 Doch bevor Du das machst:
Tipp 4: Geh auf Distanz!
Um zu vermeiden, dass Du auf Basis von kurzfristigen Emotionen entscheidest, z.B. um die Unklarheit nicht mehr länger aushalten zu müssen – den Kontrollverlust wenn Du so willst – nimm Distanz ein oder wechsle die Perspektive!
Wie geht das?
- Verzögere die Entscheidung! Warte so lang wie möglich, bis Du Dich entscheidest! Sei Dir bewusst, wann Deine Optionen „ablaufen“ und eine Entscheidung fällig wird. Bis dahin halte Dir die Optionen offen und entscheide so spät wie möglich! (vgl. „Real Options“, https://www.infoq.com/articles/real-options-enhance-agility/)
- Verwende das 10/10/10-Prinzip: Frage Dich, wie fühlst Du Dich mit der Entscheidung in 10 Minuten, in 10 Monaten und in 10 Jahren?
> Das was uns in 10 min unangenehm ist (z.B. um Hilfe zu fragen), haben wir wahrscheinlich in 10 Jahren vergessen 😉 Und das was uns aus Sicht von 2030 sehr wichtig ist, ist das Mut aufbringen in 10 min wert! (vgl. Chip & Dan Heath, Decisive)
- Nimm die Perspektive eines Beraters ein: Was würde ich meinem Besten Freund hier raten?
Perspektiven wechseln setze ich auch viel im Coaching ein, um neue Sichtweisen zu erzeugen. Probier’s aus & mach ein Einzel-Coaching mit mir! Vor allem, wenn es ein Thema gibt, wo Du feststeckst oder eine neue Haltung gebrauchen kannst.
Tipp 5: Stell Dich drauf ein, falsch zu liegen!
Es kann immer sein, dass die Entscheidung sich anders anfühlt als erhofft oder andere Konsequenzen mit sich bringt. Wir sind uns oft zu sicher („overconfident“), dass wir die Zukunft richtig einschätzen. Stell Dich also drauf ein, dass alles vielleicht anders kommt, als Du denkst! gl. Chip & Dan Heath, Decisive)
Wie?
- Überleg Dir Hindernisse, die eintreten können! Und mache einen Plan, wie du damit umgehen willst. Studien zeigen, dass Du dann nicht nur wahrscheinlicher diese Hürden meisterst, wenn sie eintreten. Sondern Du triffst auch eine viel informiertere Entscheidung. Du weißt viel mehr, auf was Du Dich einlässt und Du merkst womöglich, dass Du das, was Du vorhast, gar nicht genug willst, um den Invest zu machen. Dann hast du hier die Chance „auszuopten“. (vgl. Jonathan Fields, Success Scaffolding)
- Sieh’s als Experiment: Lass Dich beispielsweise 3 Monate auf Deine Entscheidung ein und mache dann einen Check-In mir Dir selbst: Wie geht’s mir? Will ich das? Was brauche ich noch?
Tipp 6: Sei Dir darüber klar, was für Dich im Leben Prio hat & nutze das als Entscheidungshilfe
Wenn Du weißt, was für Dich im Leben Prio hat, was Dir wichtig ist und was Deinem Leben einen Sinn gibt, kannst Du das als Kompass und Entscheidungshilfe nutzen:
Bringt mich die Entscheidung näher an meine Vision?
Lebe ich dadurch meinen „Purpose“ mehr? Mache ich damit den Unterschied, den ich machen will?
Lebe ich meine Werte mehr?
Wie kommst Du da hin?
- Vision: Lege Deine Ziele und Wünsche fest und visualisiere sie in einem Vision Board! Was ist das, was Du unbedingt erleben und erschaffen willst? Sei bei meinem Vision Board Workshop dabei, wenn Du hier tiefer einsteigen willst.
- Purpose & Impact: Finde heraus, was Deinem Leben einen Sinn gibt und Dich lebendig sein lässt. Spüre, welche Wirkung Du hast, wenn Du „on purpose“ bist und schärfe, welchen Impact Du noch mehr haben willst. Was bringst Du in die Welt? Bei mir ist es „Bring out the Rebel (Courage) in You!“. Meld Dich bei mir, wenn Du das für Dich herauszufinden willst. Ich helf Dir Dein persönliches Impact Statement zu formulieren!
- Werte: Lege Deine Top 5 Werte fest! Was brauchst Du zum Leben wie Fische das Wasser? Verbindung? Unabhängigkeit? Sicherheit?
Tipp 7: Vertraue Deinem Bauchgefühl!
Wie oft treffen wir Entscheidungen aus dem Kopf, obwohl unser Bauchgefühl uns gewarnt hat?
Wenn Du spürst, irgendwas fühlt sich komisch an, nimm’s ernst und dreh lieber nochmal eine Runde!
Tipp 8: Bleib gelassen!
Nimm Dich und Deine Entscheidung nicht so ernst.
Die meisten Entscheidungen sind nicht soooo wichtig wie Du denkst.
Wenn’s nicht so ausgeht, wie Du Dir erhofft hast, lernst Du was dazu.
Und du kannst alles immer ändern. (vgl. Susan Jeffers, Feel the Fear and do it anyway).
Und wenn Du dann entschieden hast ….
Tipp 9: „Good enough for now“
Nicht gleich daran zweifeln – „Good enough for now“ könnte eine Haltung sein, die Dir hilft, erst mal happy mit der Entscheidung zu sein.
Tipp 10: Dran bleiben!
Nicht gleich aufgeben – Sei comitted und gib nicht beim ersten Rückschlag gleich auf. Rückschläge sind normal. Besinn Dich drauf, warum die Entscheidung für Dich wichtig war & bleib dran!
Tipp 11: Ändere den Kurs bei Bedarf!
Wenn du nach einiger Zeit merkst, die Entscheidung tut Dir nicht gut, ändere es!
Du hast immer die Wahl!
Du zeigst Stärke, wenn Du Dir eingestehst, dass das was Du machst, Dich nicht glücklich macht!
Wie klingt das alles für Dich?
Probier’s aus!
In der Regel bereuen wir nicht das, was wir entschieden und ausprobiert haben, sondern das, was wir nicht entschieden und nicht gemacht haben!
Welche Entscheidung ist bei Dir gerade fällig?
Trau Dich! Mut zur Entscheidung!
If not now … when?
Literature
- Susan Jeffers, Feel the Fear and do it anyway
- Chip & Dan Heath, Decisive
- Jonathan Fields, Success Scaffolding, https://www.goodlifeproject.com/podcast/success-2020/
- Psychologie Heute, Ausgabe 61, Die Kunst sich zu entscheiden
- Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik (Stangl, 2020), https://lexikon.stangl.eu/
- Chris Matts, Olav Maassen, „Real Options“ Underlie Agile Practices, https://www.infoq.com/articles/real-options-enhance-agility/
- The Four Villains of Decision Making, https://fs.blog/2013/03/how-to-make-better-choices-in-life-and-work/